(Erschienen in: Hans Eberwein, Sabine Knauer, Integrationspädagogik, Weinheim und Basel 2002, S. 433 ff)
Konfliktbearbeitung als Merkmal einer lebendigen Institution
Eine Institution wie die Schule ist ohne ständige Auseinandersetzungen und Konflikte der in ihr handelnden Personen nicht denkbar. Diese Feststellung mag trivial erscheinen. Dennoch ist nach meiner Erfahrung eher die Vorstellung verbreitet, daß Konflikte unerwünschte Bestandteile pädagogischer Prozesse darstellen, die verdrängt, vertuscht oder irgendwie ausgemerzt gehören. Eine lebendige Institution zeichnet sich jedoch nicht durch die Abwesenheit von Schwierigkeiten und Problemen aus, sondern dadurch, dass sie ein möglichst vielfältiges und kreatives Instrumentarium entwickelt, die anstehenden Konflikte möglichst produktiv zu bewältigen, um sie für Lernen und Weiterentwicklung ihrer Mitglieder nutzbar zu machen.
Integration bedeutet auch Nichtaussonderung von Problemen
Dieser Beitrag soll dazu dienen, die Möglichkeiten zur wirkungsvollen Bewältigung von Problemen zu beschreiben, die besonders an Schulen mit gemeinsamer Erziehung von Kindern mit und ohne besonderen Fördernotwendigkeiten auftreten. Supervision und Beratung stellen für diese Schulen besonders wirkungsvolle Bewältigungsmöglichkeiten ihrer speziellen Aufgaben dar. Ich werde deshalb versuchen, die inhaltliche Gestaltung und die Wirkungsmechanismen von Supervision zu beleuchten und dabei gleichzeitig ihre praktische Bedeutung für die Integrationsarbeit aufzuzeigen.
Aus meiner Sicht sollte Supervision und Beratung in allen pädagogischen Handlungsfeldern selbstverständlich sein. Sie müssen allerdings auf die jeweiligen institutionellen Bedingungen adäquat ausgerichtet sein. In Schulen mit gemeinsamer Erziehung erscheint mir ihre Anwendung besonders wichtig, weil integrative Schulen aus verschiedenen Gründen ein erhöhtes Konfliktpotential aufweisen. Es resultiert aus den veränderten institutionellen, sozialen und psychischen Bedingungen, die entstehen, wenn Menschen mit Besonderheiten nicht ausgegrenzt werden. Dieser Umstand, der in der Integrationsdebatte in seiner Bedeutung für den gemeinsamen Unterricht eher wenig beleuchtet ist, verlangt nach professionellen Methoden der Unterstützung für das pädagogische Personal. Bevor ich also mit der Beschreibung dessen beginne,
An einigen Stellen meines Berichtes werde ich an kleinen (kursiv gedruckten) Beispielen und Praxiserfahrungen aufzeigen, wie sich die beschriebenen Problemfelder im Alltag bemerkbar machen und weshalb das pädagogische Personal solcher Schulen besonders auf wohlwollende und sachkundige Reflexion angewiesen ist. Allerdings können auch Beispiele nur unzureichend wiedergeben, wie komplex die alltäglichen pädagogischen Anforderungen sind. Sie sollen aber ein wenig zur Veranschaulichung beitragen, wie vielschichtig die verschiedenen Facetten einer alltagsgerechten Supervisionsarbeit sein können und wie sie Lernprozesse mit einer Tiefenqualität ermöglichen, die sonst kaum zu erreichen ist.
Kooperation
Integrative Pädagogik verlangt mehr Kooperation als herkömmliche schulische Arbeit. Dazu zählt die Zusammenarbeit der jeweiligen (sonder)pädagogischen und therapeutischen Mitarbeiter und die unterrichtliche Arbeit in pädagogischen Teams.
Planung, Durchführung und Reflexion von Unterricht findet in Integrationsklassen nicht mehr nur in der (frontalen) Einzelsituation, sondern vermehrt mit zwei oder drei PädagogInnen gemeinsam statt. Diese Arbeitsform birgt neben ihren unschätzbaren Vorteilen auch Gefahren. Auf der Beziehungsebene können, ähnlich wie in einer Freundschaft oder Ehe, Kontaktstörungen durch die verschiedensten Auslöser (Missverständnisse, Kränkungen, Empfindlichkeiten usw.) entstehen und den Alltagsablauf erheblich belasten. Probleme auf der Kontaktebene des Teams haben zusätzlich sofort Probleme in der zu betreuenden Kindergruppe zur Folge. Diese Beziehungsstörungen sollten möglichst frühzeitig professionell bearbeitet werden, damit die zerstörerische Kraft, die von ihnen ausgeht, umgewandelt werden kann in Dialog und Begegnungen.
Beispiel: Ein Team arbeitet seit wenigen Wochen zusammen in einer Integrationsklasse. Alle drei Mitarbeiterinnen verspüren zunehmend Spannungen, zum Teil körperlich, zum Teil als Unlust, morgens zur Arbeit zu gehen. In der gemeinsamen Teamsupervision ist die Spannung ebenfalls spürbar, der Grund wird jedoch zunächst nicht gefunden. Es scheint alles in Ordnung zu sein, niemand fühlt sich gekränkt oder missverstanden.
Einige Tage später bittet mich eine der Kolleginnen um einen Termin für eine Einzelsupervision, weil sie den Eindruck hat, die Spannungen gehen von ihr aus, ohne dass sie den Grund dafür kennt. Ihren diffusen Verdacht in der Teamsitzung anzusprechen, fiel ihr zu schwer. In der Einzelarbeit stellt sie fest, dass eine ihrer Kolleginnen sie stark an ihre Schwester erinnert, zu der sie ein schlechtes Verhältnis hat. Es wird deutlich, dass die Kollegin der Schwester zwar ähnlich ist und den selben Vornamen trägt, jedoch nicht deren als unangenehm empfundene Eigenschaft besitzt. Die Mitarbeiterin ist über diese Entdeckung sehr erleichtert und klärt ihre innere „Verwechslung“ selbständig mit der Kollegin. Die Spannungen lösen sich anschließend auf.
(Hier zeigt sich auf Seiten der Mitarbeiterin ein hohes Problembewusstsein, große Offenheit und viel Vertrauen in den Klärungsprozess, was in dieser Form erst auftritt, wenn mit supervisorischen Prozessen bereits gute Erfahrungen gemacht worden sind).
„Irrtümer“ auf Seiten der Lehrer
Die über ein Jahrhundert praktizierte und durch Auslese erreichte relative Homogenität in den deutschen Schulklassen ist nicht ohne Auswirkung auf das gesellschaftliche (Selbst-)Bild vom erfolgreichen Lehrer geblieben. Ein Lehrer ist demnach (u.a.) ein guter Lehrer, wenn er viele (eigentlich alle) Schüler in möglichst kurzer Zeit zu möglichst vielen, annähernd gleichen Lernzielen führt. Gemessen wird das Ergebnis in Klassenarbeiten, Leistungstests und Schulabschlüssen.
Kinder mit Behinderungen und ganz besonders kognitiv beeinträchtigte Schüler stören diese einfache Sichtweise, so dass nicht wenige Lehrer innerhalb der Integrationsarbeit das subjektive Unbehagen des Versagens erleben, wenn sie Kinder in der Klasse beherbergen, deren Leistungsabstand zu der vermeintlichen Norm sehr groß ist oder durch die schnellere Lernentwicklung der Kinder ohne Behinderungen sogar noch ständig zu wachsen scheint.
Sie haben unausgesprochen und oft nicht bewusst die Erwartung, dass ihr (guter) Unterricht dazu führen sollte, dass irgendwann alle Schüler auf einem etwa gleichen Leistungsniveau sind.
Schülerinnen und Schüler mit Lernbehinderung oder mit geistiger Behinderung können diesen Zielen jedoch nicht entsprechen.
In der Praxis führt dies nicht selten nach einigen Schuljahren zu der Einschätzung, die Integration der betreffenden Kinder sei gescheitert und diese sollten doch besser auf eine Sonderschule wechseln.
Integration bedeutet jedoch nicht die Anpassung an gesellschaftliche Normalitätsvorstellungen, sondern die Herstellung eines Rahmens, in dem jeder nach seinen Möglichkeiten leben und lernen kann. Integration kann keine Behinderung beseitigen, auch wenn es zum Teil verblüffende Entwicklungsverläufe gibt. Ungerechtfertigte Erwartungen an die Leistungen der Schüler führen zu Frustrationen und Komplikationen, die dann ihrerseits tatsächlich ein Scheitern der integrativen Arbeit zu Folge haben können.
„Irrtümer“ auf Seiten der Eltern
Auch auf Seiten der Eltern gibt es manchmal Missverständnisse über den Sinn und die Möglichkeiten der Integration.
Hier finden sich vereinzelt ähnliche Erwartungen an eine Entwicklung zur „Normalität“, wie ich sie für die Pädagogen beschrieben habe. Die Ansicht: „Jetzt ist mein Kind in der Integration, jetzt
wird alles gut“ birgt dann Wunschvorstellungen von Entwicklungen, die an den Möglichkeiten der Kinder vorbeigehen können. Die eintretende Enttäuschung, wenn erwartete Leistungen nicht erbracht
werden, führt zu Spannungen und wechselseitigen Vorwürfen zwischen Eltern und pädagogischem Personal. An dieser Stelle ist ebenfalls vermittelnde Begleitung und Beratung nötig, auch weil ein
gespanntes Verhältnis zwischen Eltern und Pädagogen immer negative Auswirkungen auf die Schüler hat.
Beispiel: Auf dem Elternabend einer ersten Klasse wird darüber gesprochen, ob bereits im ersten Schuljahr Hausarbeiten aufgegeben werden sollten. Die Mutter eines Kindes mit einer geistigen Behinderung meldet sich zu Wort, um gegen Hausarbeiten zu argumentieren und begründet dies sinngemäß damit, dass ihr Kind drei mal so viel arbeiten müßte, wie andere Kinder, um die Hausarbeiten zu schaffen. Noch in der Situation erklären die Pädagoginnen, dass ihr Kind individuelle Aufgaben bekommen wird, die es auch in angemessener Zeit schaffen kann.
In der Supervision wird die Äußerung der Mutter angesprochen und die dahinter liegende Botschaft: „Bei dreifacher Anstrengung schafft mein Kind das Pensum der anderen!“ erörtert. Die Pädagoginnen vereinbaren daraufhin ein Gespräch mit beiden Elternteilen, klären das Missverständnis auf und erläutern die wirkliche Bedeutung von Integration.
In einem anderen, ähnlich gelagerten Fall, wo die frühzeitig durchscheinenden unrealistischen Wünsche nicht rechtzeitig geklärt wurden, sind die Eltern sehr ärgerlich geworden, als ihr Kind mit geistiger Behinderung in der dritten Klasse noch nicht lesen gelernt hatte. Es kam damals zu heftigen Abwertungen gegen das pädagogische Personal mit erheblichen Kränkungen und starken Spannungen.
Hereinnahme des „Unvollkommenen“
Dieser Gedanke mag zunächst ungewöhnlich klingen und bedarf daher der Erklärung. Jede Form der Auslese von Menschen mit bestimmten Eigenschaften hat - unabhängig von der offiziellen Begründung - nicht nur eine psychische Wirkung auf die von der Ausgrenzung Betroffenen selbst, sondern immer auch für die nicht Ausgelesenen. Es ermöglicht ihnen, sich mit dem Thema, das die Ausgegrenzten repräsentieren, nicht mehr beschäftigen zu müssen. Anders ausgedrückt, können sie die (angenehme) Vorstellung entwickeln, „makellos“ bzw. „störungsfrei“ zu sein (zumindest in dem Punkt des ausgelesenen Makels bzw. der ausgegrenzten Störung) und damit vielleicht eher einem eigenen oder vorgegebenen Wunschbild entsprechen.
Findet eine Auslese dagegen nicht statt, d. h. werden Menschen mit Behinderungen, kranke, alte oder sterbende Menschen (man kann diese Aufzählung fast beliebig verlängern) nicht ausgesondert, dann wird auch der natürliche Kontakt mit diesen Menschen nicht vermieden. Die ermöglichte Begegnung mit diesen Menschen und den durch sie vertretenen psychischen Themen, kann dann für die sogenannten Nichtbehinderten zu einer Begegnung mit den eigenen Begrenzungen und „Behinderungen“, mit ihren individuellen „Makeln“ und „Störungen“, ihrer eigenen potentiellen Krankheitsbedrohung, dem persönlichen Prozess des Alterns und dem eigenen unausweichlichen Tod werden.
Je nach Standpunkt kann man dies als Bedrohung oder als Bereicherung erleben.
Die Mehrheit der in einer Auslesegesellschaft sozialisierten Menschen scheint diese Begegnung eher zu fürchten.
Die Hereinnahme des Andersartigen, des „Unvollkommenen“ birgt somit Risiko und Chance zugleich, sich über gesellschaftliche Leitbilder von Perfektion, Jugend, Schönheit und Stärke und den sie begleitenden Wünschen und Ängsten auseinanderzusetzen, sie in der Gruppe auszutauschen und sich gemeinsam zu entwickeln, anstatt sie der kollektiven Verdrängung mit ihren individuellen Wirkungen zu überlassen.
(In dieser Begegnungsmöglichkeit liegt vermutlich eine Erklärung dafür, dass in vielen Integrationsprojekten die Erfahrung gemacht wird, dass Schülerinnen und Schüler ohne Behinderungen häufig als sozial kompetenter wahrgenommen werden, als ihre Altersgenossen in Gruppen ohne Integration)
Als Konsequenz der besonderen Bedingungen integrativer Pädagogik ergibt sich, dass Institutionen, die sich entscheiden, Konflikte und Störungen nicht durch Auslese der „Konfliktrepräsentanten“ zu beseitigen, sondern sie in kreativer und heilsamer Weise zu nutzen, auch dafür Sorge tragen sollten, dass für ihre Mitarbeiter zur Lösung der damit verbundenen Aufgaben verarbeitende und beratende Unterstützung bereitgestellt wird.
Beispiel: An der Fläming-Grundschule werden auch Kinder In Integrationsklassen betreut, die progredient (fortschreitend) erkrankt sind und die möglicherweise noch während ihrer Grundschulzeit sterben werden. Für die Pädagogenteams, die diese Kinder betreuen, haben wir eine besondere, vom üblichen Supervisionssetting abweichende Form der Bearbeitung dieser schwierigen Thematik gefunden, die Sterbemeditation. In ihr können die Pädagogen im Rahmen einer Phantasiereise, die als Gerüst fungiert, das eigene Sterben gedanklich durchspielen, sich hinterher in intensiver Weise miteinander austauschen und sich so über die jeweils individuelle Erlebensweise des Themas Tod und Sterben auseinandersetzen. Durch diese Bearbeitung sind sie anschließend in der Lage, sich sicherer in der Thematik zu bewegen und fühlen sich für die Gespräche mit Eltern und Kindern gut vorbereitet.
Was bedeutet Supervision?
Würde man den Begriff „Supervision“ ins Deutsche übertragen, müsste man ihn wörtlich mit „über etwas bzw. über sich hinaus schauen“ übersetzen oder sinngemäß „aus einer anderen (räumlich höheren) Perspektive überblicken“ beschreiben.
Als Methode der Bearbeitung von komplexen berufsbezogenen Interaktions- und Beziehungsmustern wurde sie ursprünglich von Michael Balint in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts dazu entwickelt, mit psychoanalytischem Instrumentarium die heilenden bzw. hinderlichen Einflüsse des Beziehungsgeschehens im Arzt-Patienten-Verhältnis zu bearbeiten.
Das Konzept der Balintgruppen weitete sich recht bald aus und wurde von verschiedenen therapeutischen Schulen oder therapieverwandten Verfahren (Gestalttherapie, Familientherapie, Themenzentrierte Interaktion, Psychodrama etc.) aufgegriffen, jeweils methodentypisch variiert und zunächst hauptsächlich in soziale Berufsfelder getragen.
Supervision und Beratung findet heute in vielen gesellschaftlichen Organisations- und Arbeitsbereichen statt. Neben den klassischen sozialen Arbeitsfeldern von fürsorgender, medizinischer, psychologischer und pädagogischer Betreuung hat Supervision besonders stark im industriellen Bereich in Form von Organisationsberatung Einzug gehalten. Kaum ein großer Industriebereich, der heute auf die Unterstützung von kompetenten Beratern verzichtet, um durch effektive Supervisionsprozesse zu einer wirksamen Organisationsentwicklung zu gelangen. Dabei gilt es u.U. Millionenverluste zu verhindern, die durch Beziehungsstörungen der Mitarbeiter untereinander oder durch institutionelle bzw. innerbetriebliche Fehlorganisationen entstehen können und die als Schäden verursachende Konflikte und Widerstände in den Arbeitsprozess gelangen.
Rahmenbedingungen und Zielsetzung von Supervision und Beratung
Trotz der Ausweitung von Supervision und Beratung existiert keine einheitliche theoretische Grundlage oder Methodik.
Es gibt jedoch grundlegende strukturelle und inhaltliche Gemeinsamkeiten, die in den Verfahrensweisen und Zielvorstellungen der meisten Ansätze wiederzufinden sind und die ich verkürzt zusammenfassen möchte:
Damit unterscheidet sich die Supervision deutlich von einer normalen Lehr- bzw. Fortbildungssituation. Dem Supervisanden wird eine besonders aktive Rolle zugewiesen. Er wählt in der Regel selbst aus, welches Problemfeld näher betrachtet wird, und er kann davon ausgehen, dass er innerhalb des Problemgeschehens als aktiv Beteiligter in den Blick gerät.
Gerade durch diesen Umstand entstehen bei manchen Menschen Ängste, wenn sie sich mit der Möglichkeit auseinandersetzen, Supervision in Anspruch zu nehmen. Dies gilt besonders für die Menschen, die keine Supervisionserfahrung haben und auch mit keiner vergleichbaren Problembewältigungsstrategie (Selbsterfahrungs- oder Selbsthilfegruppe, Therapie etc.) vertraut sind. Aus diesem Grund ist es von zentraler Bedeutung, dass der leitende Supervisor in der Supervisionssituation ein angstfreies und vertrauensvolles Klima schafft. Erst wenn für alle Beteiligten glaubhaft erfahrbar wird, dass diese besondere Situation einen absolut sanktionsfreien Raum darstellt, wird die Möglichkeit geschaffen, sich zu öffnen, um Probleme und Schwierigkeiten anzusprechen.
Im Gegenzug schafft die Offenheit der Teilnehmer eine intensive Atmosphäre, die große gegenseitige Wertschätzung erfahrbar werden lässt und die sehr wohltuend für alle Beteiligten sein kann (auch
für den Supervisor).
Verschiedene Organisationsformen von Supervision an einer integrativen Grundschule, der Fläming-Schule in Berlin
Die Fläming-Grundschule steht in Deutschland seit 1975 für den Beginn der gemeinsamen Erziehung innerhalb des staatlichen Schulwesens. Die Integration wurde hier immer weiter ausgebaut, so dass heute in allen Klassen integrativ unterrichtet und grundsätzlich keine Behinderungsart ausgeschlossen wird.
Supervision und Beratung haben sich auf verschiedenen Ebenen entwickelt und sind zu einem festen Bestandteil der täglichen Arbeit geworden.
In den ersten Jahren der integrativen Arbeit ging es dabei vor allem um sonderpädagogische Beratung der integrativ arbeitenden Pädagoginnen und Pädagogen. Im Vordergrund stand besonders die
qualitativ gute behindertenspezifische schulische Versorgung der Kinder mit Förderbedarf. Dazu gehörte die Beratung in Bezug auf sonderpädagogische Gesichtspunkte ebenso, wie alle Fragen zur
Gestaltung und Veränderung von Unterricht.
Veränderung der Beratungswünsche
Mit zunehmender Erfahrung im Umgang mit den integrationsspezifischen Förder- undUnterrichtsmodalitäten im Kollegium veränderten sich im Laufe der Zeit auch die Wünsche an die begleitende Beratung. Es kristallisierten sich Problemfelder heraus, die in den verschiedenen Alltagssituationen immer wieder in der einen oder anderen Form auftauchten und die den Wunsch nach gezielter Bearbeitung wach werden ließen. In Anknüpfung an die oben aufgeführten integrationsspezifischen Besonderheiten einer von ihrem Selbstverständnis her nicht aussondernden Schule waren und sind bis heute vor allem drei Konfliktbereiche besonders im Fokus, die allerdings in weniger zugespitzter Form auch an jeder anderen Schule als „Knackpunkte“ gelten:
Organisationsformen von Supervision in der integrativen Praxis
Die Arbeit unter Supervision und Beratung gehört heute zu einem selbstverständlichen Instrument unserer Arbeit und es haben sich verschiedene Organisationsformen herausgebildet:
a) Teamübergreifende Gruppen gleicher Berufsgruppen (jeweils 5 -6 Lehrerinnen und Lehrer bzw. 6 - 8 Pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter)
b) Supervision in multiprofessionellen Teams (meistens 3 - 4 Personen (Lehrer, Sonderschullehrer, Pädagogische Mitarbeiter), die in einer Klasse als Team eingesetzt sind oder in einem speziellen Einzelfall zusammenarbeiten)
c) Einzelsupervision in persönlichen Konfliktfällen (wenn einzelne Kollegen ein aktuelles berufliches Problem haben oder wenn zwei Kollegen einen gemeinsamen Konflikt bearbeiten möchten)
d) Intervisionsgruppen als leitungsunabhängige Form der Selbstberatung (darunter versteht man problemlösungsbezogene Gruppen, die ohne Leitung oder mit wechselnder Leitung einzelner Teilnehmer arbeiten. Bei uns sind das vor allem die Teamgespräche und die fallbezogenen Jahrgangsstufenkonferenzen, auf denen mit allen auf der Jahrgangsstufe tätigen Pädagogen über Angebote und Förderung für Schülerinnen und Schüler mit Problemen gesprochen wird).
Supervision unter Gestaltgesichtspunkten
Die inhaltliche Gestaltung der Supervisionsarbeit geschieht, wie erwähnt, nach dem jeweiligen theoretischen Hintergrund des Supervisors.
Es ist ein schwieriges Unterfangen, Arbeitsweisen zu beschreiben, die nur begrenzt durch das Wort aufzunehmen sind, sondern die sich vor allem durch das eigene Erleben erschließen.
Um jedoch eine genauere Vorstellung von der inhaltlichen Arbeit in einer Supervisionsgruppe zu ermöglichen, möchte ich neben den eingestreuten Praxisbeispielen stichpunktartig einige wesentliche Elemente aus dem sehr umfangreichen Repertoire der bei uns zur Anwendung kommenden Methode der Gestalt-Supervision erläutern, um damit die Wirkungsmechanismen dieser Arbeit konkreter zu beleuchten:
Ein bedeutendes Element der Gestaltarbeit, die sich aus der Gestalttherapie ableitet, ist die Verbesserung bzw. die Erweiterung der gesamten Wahrnehmungsfähigkeit einer Person (Awareness-Konzept).
Ziel dabei ist die Erhöhung des Gewahrseins im Sinne einer differenzierten
ganzheitlichen Bewusstheit im (sozialen) Kontakt.
Für die Supervision an einer integrativen Schule gilt für mich dabei als Ausgangssituation, die Notwendigkeit für Pädagoginnen und Pädagogen, im normalen unterrichtlichen Alltag eine Vielzahl von Einzelentscheidungen treffen zu müssen. Besonders unter dem Druck konflikthafter Ereignisse, können diese Entscheidungen nicht immer nur funktional und „richtig“ sein. Sie müssen manchmal ohne viel Zeit zum Überlegen getroffen werden. Als Orientierung dient dabei oft der gefühlsmäßige Eindruck oder intuitives Gespür. Beides ist sehr stark von der Lebens- und Berufserfahrung eines Menschen abhängig und wird nicht selten von einer Reihe nicht oder wenig bewusster bzw. reflektierter Haltungen und Einstellungen beeinflusst.
In der Supervision wird durch verschiedene Methoden und Interventionen versucht, die Orientierungsfunktionen, (Spüren, Fühlen, Denken und Intuition), umfassender und bewusster zu erleben und zu handhaben, um sie in kritischen Alltagssituationen schneller und angemessener zur Verfügung zu haben.
Das klingt allerdings bedeutend einfacher, als es in Wirklichkeit zu erreichen ist. Viele menschliche Verhaltensmuster sind lange eingeübt und wollen sich gerne selbst erhalten. Widerstände begrenzen fremden Zugang und Kränkungen sind schnell die Folge einer gut gemeinten Intervention.
Wahrnehmungsübungen, die die verschiedenen Sinne ansprechen sollen, haben bei diesen Lernprozessen eine große Bedeutung. Sie sind auch maßgeblich beteiligt bei der sehr wichtigen Erforschung und Klärung der eigenen Motive, Wünsche, Bedürfnisse und Grenzen, die immer eine große Bedeutung als Grundlage der individuellen Entscheidungs- und Handlungsabläufe haben.
Des Weiteren wird mit unterschiedlichen Identifizierungsübungen eine effektive Möglichkeit eingeübt, sich spontaner in die verschiedenen Personen eines Konfliktgeschehens einzufühlen, um dadurch seine eigene, möglicherweise einseitige Sichtweise relativieren zu können.
Beide Methoden spielen besonders bei der Vorbereitung auf Gespräche, die als problembelastet eingeschätzt werden (Elterngespräche, Auseinandersetzungen mit Kollegen etc.) eine wichtige Rolle. Durch die größere Klarheit in Bezug auf die eigenen Motive und mit Hilfe der vorweggenommenen Identifikation mit dem möglichen Konfliktpartner kann eine gelassenere und entspanntere Haltung entstehen, die dann die folgenden realen Gespräche erfahrungsgemäß wohltuend beeinflusst.
Beispiel: Eine Lehrerin thematisiert ein bevorstehendes Gespräch mit der Mutter eines stark hyperaktiven Kindes. Vergangene Gespräche waren von ihr immer als sehr anstrengend erlebt worden. Hinterher fühlte sie sich jedes Mal abgespannt, gleichzeitig aufgewühlt und gereizt. Sie weist dabei die Verantwortung für diesen üblicherweise „ätzenden“ Gesprächsverlauf der „schwierigen“ Mutter zu.
In der Supervisionssitzung wird sie von mir angeregt, sich ihrer in der Vergangenheit erlebten Gereiztheit noch einmal zu nähern und dabei zu äußern, was sie an der Mutter reizt. Sie lässt sich (als erfahrene Supervisandin) darauf ein und es folgen eine große Zahl von Vorwürfen gegen die Mutter, die meistens von Unterstellungen geprägt sind, wie falsch wohl diese Mutter ihr Kind erzieht. Die Gereiztheit ist in den Schilderungen für alle Teilnehmer deutlich wahrzunehmen. Anschließend folgt die Lehrerin der nächsten Aufgabe, in der sie einen Perspektivenwechsel vornehmen soll. Sie wird gebeten, die Rolle der Mutter zu übernehmen, die sich gerade darauf vorbereitet, in das anstehende Gespräch mit eben dieser Lehrerin zu gehen und sich dabei vorstellt, was diese Lehrerin wohl über sie als Mutter denkt.
Vielleicht kann sich der Leser bereits an dieser Stelle die Erleichterung und die
Erheiterung ausmalen, die sich bereits bei dieser Aufgabenstellung bei der Lehrerin und auch bei den anderen Teilnehmern der Supervisionsrunde ausbreitete. Wenn man innerlich diesen Perspektivenwechsel nachvollzieht, ist vermutlich unnötig zu beschreiben, wie diese Lehrerin mit völlig veränderter Haltung in das reale Gespräch ging und wie dort zum ersten Mal eine Atmosphäre entstand, die man am besten mit respektvollem gegenseitigen Wohlwollen bezeichnen kann.
Was in diesem Beispiel auch anklingt ist, dass in der Supervisionsarbeit darauf geachtet wird, einen Kommunikationsstil zu verwenden, der sensibel für unbemerkt einfließende Kränkungen ist. Dabei geht es insbesondere um die von vielen Menschen meist automatisch und nicht bewusst verwendeten Bewertungen und Abwertungen des Gesprächspartners, sowie um Verallgemeinerungen und Interpretationen, die häufig störend in Gespräche einfließen.
Es ist einfach erstaunlich, wie solche Gesprächsmuster ungeschickt und unbeabsichtigt Kränkungen verursachen und wie man sie durch geschulte und gesteigerte Achtsamkeit vermeiden oder verringern kann und sich somit unnötige Konflikte erspart.
Andererseits kann in den Supervisionsgesprächen überprüft werden, ob echte Vorwürfe an das Gegenüber bestehen, die durch eine bewusstere Handhabung in wesentlich adäquaterer Form und direkt angesprochen werden können, als wenn sie unbewusst bleiben und wahrscheinlich unbemerkt ins Gespräch einfließen (vielleicht als „Sticheleien“ oder Ironie). Hierbei ist die gegenseitige Wahrnehmung und möglichst ehrliche Rückkoppelung der verschiedenen Supervisionsteilnehmer von großer Bedeutung.
In der Supervision können aber auch viele andere Verhaltensweisen bearbeitet
werden, die ich hier nur andeuten kann, wie das Vermeiden von Reaktionsbildungen (damit bezeichnet man unreflektierte negative Reaktionen, die nicht in der aktuellen Situation begründet sind, sondern auf alten Erfahrungen eines Menschen aus ähnlich gelagerten Situationen beruhen).
Wichtig ist auch die Reflexion von verinnerlichten Regeln und Glaubenssätzen, nach denen viele Menschen handeln, ohne dies immer rechtzeitig zu bemerken
(Ich bin zwar schon völlig abgearbeitet und möchte am liebsten nach Hause, aber ich muss noch die Klasse aufräumen, was sollen sonst die Kollegen von mir denken?).
Manchmal werden in den Supervisionssitzungen auch Erörterungen von diagnostischen Gesichtspunkten geführt, insbesondere wenn es um Fallbesprechungen oder die Bearbeitung von Konflikten mit
verhaltensauffälligen Kindern geht. Hierbei ist es in der Praxis oft sehr hilfreich, wenn die Pädagoginnen und Pädagogen besser verstehen, welche psychologischen bzw. psychiatrischen
Gesichtspunkte bei den einzelnen Persönlichkeitsstrukturen eine Rolle spielen. Dabei geht es nicht um eine möglichst genaue fachwissenschaftliche Diagnose, sondern um das Verständnis der
seelischen Grundthematik eines Kindes mit Auffälligkeiten. Wenn man dieses Grundthema und die dahinter liegende Persönlichkeitsstruktur erkennt, bekommt man eine neue Sichtweise auf die Symptome.
Sie erscheinen dann deutlicher in ihrer Funktion als Wegweiser für lindernden und heilsamen Einfluss. Den Pädagogen ermöglicht dieses Verständnis eine bessere „professionelle Distanz“, d. h. sie
führt dazu, in adäquater Form zu reagieren und nicht aus der eventuell persönlich betroffenen (gekränkten oder beleidigten) Haltung heraus zu agieren und ein Problem unnötig zu verschärfen. Im
folgenden Abschnitt versuche ich diesen Punkt in einem anderen Zusammenhang noch etwas konkreter zu beschreiben.
Grenzen des üblichen Supervisionssettings
Ich möchte nun versuchen aufzuzeigen, in welchen Problemzusammenhängen der schulischen Alltagsrealität die gängige Supervisionsarbeit als alleiniges Instrument der Konfliktbewältigung nicht mehr ausreicht und wie sie durch entsprechend umfangreichere Beratungsarbeit im gesamten Störungsfeld erweitert werden kann. Ich nenne diesen ungewöhnlichen, aber mir aus der Integrationserfahrung sehr wichtigen Punkt:
Problemfeldbezogene Supervisions- und Beratungsarbeit in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen mit erheblichen Verhaltensauffälligkeiten
Dabei handelt es sich gewissermaßen um eine Erweiterung von Supervision bzw. um eine Variante sonderpädagogischer Förderung. Insbesondere bei stark mit psychischen Symptomen belasteten Kindern und den sie umgebenden schwierigen und oft genug aggressiven Konflikten reicht es nicht, in der gemeinsamen Teamsupervision aufklärend zu arbeiten. Es kann dann erforderlich und zweckmäßig sein, auf den unterschiedlichen Ebenen eines Problemfeldes beratend zu wirken. Dazu gehört
Beispiel: Ein Mädchen der sechsten Klasse (in Berlin ist die Grundschule sechsjährig) mit schweren psychischen Schwierigkeiten wechselt an unsere Schule, da sie in ihrer bisherigen Schule nicht mehr tragbar ist. Im Vordergrund der Problematik steht eine heftige Ticstörung und eine massive Impulskontrollstörung mit unvorhersehbaren aggressiven Durchbrüchen. Ansonsten ist das Mädchen sehr sanft und eine leistungsorientierte Schülerin. Sie erhält nach langer stationärer klinischer Diagnose Medikamente und ambulante Psychotherapie. Es gelingt ihr, durch ihre Symptomatik bereits nach zwei Wochen dieselben Zustände herzustellen, wie an der vorherigen Schule: Alle Schüler lehnen sie ab. Sie haben einerseits Angst vor ihren Ausbrüchen, forcieren diese aber dennoch. Die Pädagogen sind täglich im Hocheinsatz, die auftretenden Auseinandersetzungen zu de-eskalieren. Trotz enormer pädagogischer Bemühungen, häufiger Team- und Elterngespräche steigt die Problematik weiter an. Die Kolleginnen sind nach wenigen Wochen erschöpft und fühlen sich hilflos. Den Eltern geht es nicht besser. Die Eltern einiger anderer Schüler fordern den „Rauswurf“ des Mädchens, weil sie ihre Kinder vor deren aggressiven Ausbrüchen schützen wollen.
Als Bewältigungsstrategie entwickeln wir eine Reihe von Maßnahmen, in die auch ich als Berater eingebunden bin und von denen ich hier die wichtigsten stichpunktartig aufführen möchte:
Alle beteiligten Pädagogen (auch der Berater) informieren sich durch Filme und Literatur über das zu Grunde liegende psychiatrische Störungsbild.
In der Teamsupervision wird ein Elternabend vorbereitet, auf dem die Pädagoginnen des Teams und die Eltern des betroffenen Mädchens das Störungsbild darstellen. Dort wird auch die Haltung der Pädagoginnen, die sie den Eltern gegenüber vertreten wollen erarbeitet: Das Kind bleibt in der Klasse, da die Einschätzung besteht, dass man die Problematik gemeinsam handhaben kann.
Die Schülerin kommt einmal wöchentlich zum Gespräch zu mir, damit wir beide die
Entwicklung und die Funktion der Impulsdurchbrüche besser verstehen lernen und damit ich ihr vertraut werde, um anschließend in eskalierte Konfliktsituationen geholt werden zu können, was dann gelegentlich auch so erfolgt.
Die Mutter der Schülerin kommt alle zwei Wochen regelmäßig in die Beratung, beide Eltern alle sechs Wochen.
Die Pädagoginnen und ich führen eine Reihe von Gesprächen mit verschiedenen Eltern anderer Schülern. Besonders mit denen, die das Mädchen aus der Klasse verwiesen haben wollen. Ziel dieser Gespräche ist es, dass diese Eltern uns wohlwollend Zeit gewähren, alle Maßnahmen zu entwickeln und wirken zu lassen.
In den folgenden Wochen reduziert sich die Problematik so erheblich, dass die gefürchteten Ausbrüche immer seltener vorkommen und schließlich aufhören. Das Mädchen kann zum Schuljahresende mit geringer fortlaufender Unterstützung auf eine Sekundarschule wechseln.
Hier geht es also um ein ganzes Paket von Maßnahmen, die genau genommen nicht mehr mit den Begriffen Supervision und Beratung zu erfassen sind. Voraussetzung für diese Form der Konfliktbewältigung ist allerdings, dass beratende sonderpädagogische Kompetenz in der Institution angesiedelt ist und über entsprechende zeitliche Ressourcen verfügt werden kann.
Dieser Gedanke wirft insgesamt die Frage auf, wie wirksame Formen von Beratung in anderen schulischen bzw. pädagogischen Einrichtungen eingerichtet werden können.
Wie bekommt man Supervision?
Unsere Schule wird von vielen Pädagoginnen und Pädagogen anderweitig an der integrativen Erziehung Interessierten aus aller Welt gern besucht. Wenn dabei die Sprache auf die innerschulische Beratungs- und Supervisionsarbeit kommt, höre ich oft die bedauernde Feststellung: „So etwas hätten wir auch gerne!“
Nach meiner Erfahrung gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten für Lehrerinnen und Lehrer sowie für Erzieherinnen und Erzieher Supervision zu erhalten. Zunächst ist da die einfachste Art, in dem man sich auf dem freien Markt jemanden sucht, der für diese Arbeit bezahlt wird. Die Kosten dafür sind im Verhältnis zu einem Lehrergehalt eher gering, vor allem, wenn man mit einer Gruppe die entstehenden Kosten teilt. Der Rhythmus, in dem die Sitzungen stattfinden, hat ebenfalls erheblichen Einfluss auf die Kosten, die im Übrigen steuerlich absetzbar sind. Manche Gruppen gehen in größeren zeitlichen Abständen zu einem bezahlten Supervisor und treffen sich in den Zwischenzeiten als Intervisionsgruppe.
Intervision ist eine kostengünstige Form reflektorischer Arbeit. Man muss sich jedoch dafür durch Fortbildungen die entsprechenden Kompetenzen selbständig aneignen.
Je nach den regionalen Gegebenheiten gibt es unter Umständen kompetente Ansprechpartner in den staatlichen Beratungsstellen, wie Schulpsychologischen oder Kinder- und Jugendpsychiatrischen Diensten. Oft sitzen dort, wie auch bei vielen örtlichen Fortbildungsträgern oder Förderzentren, gut ausgebildete Kolleginnen und Kollegen, die sich vielleicht sogar freuen, wenn sie von motivierten Pädagogen um Supervision oder regelmäßige Beratung gebeten werden.
Bei größeren Schulen bzw. Institutionen lohnt sich die Überlegung, ob die Gesamtheit des Kollegiums auf die herkömmliche Nutzung eines Teils ihrer Stunden (evtl. Ermäßigungsstunden oder Stunden für sonderpädagogische Förderung) verzichtet, diese Stunden bündelt und sie einer Person mit entsprechender Qualifikation zur Verfügung stellt, so dass diese Person in die Lage versetzt wird, supervisorische und beraterische Aufgaben auf den verschiedenen hier beschriebenen Ebenen anbieten zu können. Bei dieser Variante, die sich in integrativ arbeitenden Schulen anbietet, und die von Sonderpädagogen mit Zusatzqualifikationen ausgeführt werden können, sind gewisse organisatorische und berufsethische Voraussetzungen zu berücksichtigen. So sollte der Berater einen eigenen räumlichen Bereich mit deutlich abgegrenzten Aufgaben haben. Er/Sie sollte in keinem Fall in den alltäglichen, mit den Kollegen konkurrierenden Arbeitsablauf eingebunden sein (er sollte z.B. als Lehrer nicht an der Schule, an der er supervidiert selbst unterrichten). Er/Sie sollte auch auf keinen Fall leitende Funktionen innehaben.
Übernimmt er/sie dagegen sonderpädagogische Förderung oder spezielle therapeutische Angebote mit einzelnen Kindern oder Kindergruppen, so dient dies eher der oben beschriebenen Möglichkeit, in kritischen Situation hilfreich vor Ort zu sein.
Eine vorrangig ethische Ansicht ist für mich die Einstellung, dass ein institutsangehöriger Berater/Supervisor innerhalb des zu beratenden Kollegiums eine gewisse „beziehungsabstinente“ Haltung einnehmen sollte. Es ist wichtig, dass die zu beratenden Kolleginnen und Kollegen sicher sein können, dass die teilweise sehr persönlichen Gespräche keine Öffentlichkeit erfahren.
Unter den beschriebenen Voraussetzungen lassen sich eine Menge der Schwierigkeiten kreativ handhaben, die im pädagogischen Alltag oft als anstrengend, belastend und manchmal sogar als krank machend erlebt werden.
In jedem Fall lohnt sich die Mühe, ein wenig seine Fühler auszustrecken und erste Erfahrungen zu machen. Supervision und Beratung kann auf jeden
Fall, besonders wenn sie in einer Gruppe gleichgesinnter Kollegen stattfindet, leicht zu einer Investition werden, die
sich entlastend und bereichernd auswirkt und die den Pädagogen ein wenig von der Anerkennung zukommen lässt, die ihnen der Alltag leider sehr oft vorenthält.
Literatur
Buer, F.:: Lehrbuch der Supervision, Münster 1999.
Brandau, H. (Hrsg.): Supervision aus systemischer Sicht, Salzburg 1991 u. ö.
Brandau, H./Schüers, W.: Spiel- und Übungsbuch zur Supervision, Salzburg/Wien 1995.
Fatzer, G.: Supervision und Beratung. Köln 1990.
Hinnen, P.: Gestaltansatz der Supervision. In: Fatzer, G., a. a. O.
Plessen, U./Kaatz, S.: Supervision in Beratung und Therapie, Salzburg.
Schreyögg, A.: Supervision. Ein integratives Modell. Lehrbuch zu Theorie und Praxis, Paderborn 2000.